Lettlands Ministerpräsident Krišjānis Kariņš traf Angela Merkel in Berlin

Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel: Der Ministerpräsidenten der Republik Lettland, Krišjānis Kariņš, weilte zu einem Arbeitsbesuch in Berlin.

L-INFOS/Berlin - Der lettische Premierminister Krišjānis Kariņš weilte am Montag, dem 11. März, zu einem Arbeitsbesuch in Berlin. Während des Besuchs traf der lettische Premierminister mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammen.

Zu Beginn des Besuchs hat der Premierminister an einem Arbeitsfrühstück "Sicherheit und Nachhaltigkeit des globalen Finanzsystems" teilgenommen, das von der Commerzbank und der lettischen Botschaft in Deutschland gemeinsam organisiert wurde. Während der Veranstaltung hat der Premierminister seine Vision der notwendigen Änderungen im europäischen Bankensystem vorgestellt.

Nach seinem Besuch traf der Ministerpräsident mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zusammentreffen. Während des Treffens wurden die bilaterale Zusammenarbeit zwischen Lettland und Deutschland sowie aktuelle Fragen der Außenbeziehungen, der Sicherheit und der Europäischen Union, diskutiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel © Foto: lettlandinfos - Archiv

Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsidenten der Republik Lettland, Krišjānis Kariņš

Text im Internet gibt es HIER

Link zur Pressekonferenz auf youtub siehe unten am Ende

Abschrift der PK:

BK’in Merkel: Meine Damen und Herren, ich begrüße den neuen lettischen Ministerpräsidenten Krišjānis Kariņš ganz herzlich hier in Deutschland. Wir freuen uns, dass es eine neue Regierung in Lettland gibt, und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. Wir hatten ein sehr gutes Gespräch. Bilateral sind wir in wirklich guter Partnerschaft miteinander verbunden.

Wir haben darüber gesprochen, dass unsere wirtschaftlichen Kontakte noch verbessert werden könnten. Was die Handelsbilanz angeht, ist es eigentlich ganz zufriedenstellend. Aber der Ministerpräsident hat darauf hingewiesen, dass man sich noch mehr deutsche Direktinvestitionen wünschen würde, und dem kann ich nur zustimmen. Was immer wir tun können, um auch für Investitionen in Lettland zu werben, werden wir tun.

Der Schwerpunkt unseres Gesprächs lag auf den Fragen der Europäischen Union und den dort anstehenden Problemen. Wir haben natürlich gemeinsam ein sehr klares Bekenntnis zur Nato festgestellt. Ich habe für Deutschland noch einmal betont, dass eine europäische Verteidigungspolitik auf gar keinen Fall ein Ersatz der Nato sein kann, sondern dass das immer innerhalb der Nato stattfinden muss. Ich glaube, dass gemeinsame strategische Fähigkeiten der Nato dazu führen können, dass wir auch eine bessere Partnerschaft gerade mit den Vereinigten Staaten von Amerika entwickeln können. Denn die europäische Verteidigungslandschaft ist ja doch sehr zersplittert. Je mehr wir europäisch gemeinsam einbringen können, desto besser ist das auch für die Nato. Auch Generalsekretär Stoltenberg hat das ja oft gesagt.

Wir haben uns natürlich mit der Frage des Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union befasst. Auch am Wochenende haben noch einmal sehr entscheidende Gespräche stattgefunden. Ich finde, dass es uns bis jetzt sehr gut gelungen ist - darin haben wir auch übereingestimmt -, dass die 27 Mitgliedsstaaten eine gemeinsame Position entwickelt haben. Aber ich finde es auch sehr begrüßenswert, dass die Kommission - Jean-Claude Juncker, aber auch Michel Barnier - am Wochenende noch einmal eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht hat, wie man das, was in Großbritannien als Beschwernis empfunden wird, nämlich die Definition des Backstops, so ausgestalten und klarstellen könnte, dass bei Beibehaltung des Austrittsabkommens noch einmal sehr viel mehr rechtliche Klarheit geschaffen wird. Ich denke, damit ist noch einmal ein wichtiges Angebot in Richtung Großbritannien gemacht worden.

Jetzt liegt es natürlich auf der Seite Großbritanniens, auf diese Angebote zu antworten. Wir wollen eine gute Partnerschaft mit Großbritannien und werden auch alles dafür tun. Jetzt warten wir ab, was sich in den nächsten Tagen im britischen Parlament tut und welche Beschlüsse dort gefasst werden.

Wir haben dann natürlich auch über das Verhältnis zu Russland gesprochen. Russland ist Nachbar von Lettland. Wir haben eine vollständig übereinstimmende Haltung im Blick auf den Ukraine-Konflikt und auch andere Fragen wie zum Beispiel den Austritt aus dem INF-Vertrag wegen der Verletzung dieses Vertrages durch Russland. Wir haben über Desinformation gesprochen, mit der wir sowohl in Lettland als auch in Deutschland zu kämpfen haben.

Wir haben auch über die mittelfristige finanzielle Vorausschau gesprochen. Denn wir sehen beide, aber Lettland vielleicht in noch höherem Maße, wie wichtig es ist, Berechenbarkeit in den europäischen Finanzen für die Zeit ab 2021 zu haben. Die Zeit drängt. Deshalb ist es wichtig, dass wir nach Bildung einer neuen Kommission sehr schnell zu Ergebnissen kommen, damit wir kein Auf und Ab in der Verfügbarkeit europäischer Finanzen haben. Denn das wäre weder im deutschen noch im lettischen Interesse.

Insgesamt war es ein interessantes und wichtiges Gespräch. Ich bin ganz sicher, dass wir sehr, sehr gut miteinander zusammenarbeiten werden.

MP Kariņš: Vielen Dank! Ich muss von meiner Seite aus ein Dankeschön für den schönen Empfang sagen. Es war schön für mich, das Protokoll ein bisschen zu brechen, als wir die militärischen Ehren abgenommen und im Regen vor dem Orchester ohne jemand anderen gestanden haben. Für mich war es eigentlich interessant und hoffentlich auch für die Kanzlerin.

BK’in Merkel: Es war eine Premiere. Noch nie hat mir bei den militärischen Ehren jemand den Schirm gehalten. Das hat perfekt funktioniert, sodass unserer guten Zusammenarbeit nichts mehr im Wege steht.

MP Kariņš: Es war nicht geplant, aber so ist es gelungen. - Unser Gespräch war ein schönes und gutes Gespräch.

Dass wir in Europa zusammenbleiben, nachdem Großbritannien aus der Union aussteigt, ist von lettischer Seite her sehr, sehr wichtig, und zwar in sehr vieler Hinsicht, nicht nur, um unsere Werte zu schützen, sondern auch, um die Wirtschaft weiter und besser zu entwickeln. Wir brauchen einander. Gegenüber einem Binnenmarkt von in unserem Falle zwei Millionen und im Falle Deutschlands von 80 Millionen ist ein Binnenmarkt von 500 Millionen schon etwas Gutes. Wir müssen weiterarbeiten, damit wir die Grenzen, die uns innerhalb der Europäischen Union noch trennen, niederbringen.

Es ist auch wichtig, dass wir in Europa Ländern wie Russland gegenüber einstimmig bleiben, die eigentlich die Europäische Union und unsere Werte attackieren. Sie versuchen auch durch Desinformation, uns zu spalten. Wir müssen eng miteinander verbunden bleiben, damit wir dem ein echtes Gewicht entgegenstellen können. Denn jedes Land für sich wäre nur ein einzelnes Land. Wenn wir zusammenbleiben, sind wir stark, sowohl bei der Sicherheit als auch bei der Wirtschaft.

Es gibt viele Herausforderungen - ich denke dabei natürlich besonders an den Brexit -, aber ich bin davon überzeugt, dass wir, dass Länder wie Deutschland und Lettland, wenn wir stark dafür argumentieren, dass wir zusammenbleiben müssen, alle Schwierigkeiten, die es geben kann, überwinden und uns auch weiterentwickeln.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, morgen wird Herr Weber nach Ungarn fahren und mit Herrn Orbán sprechen. Für wie wichtig halten Sie es, dass Orbán mit seiner Fidesz in der EVP bleibt, damit die Wahlchancen von Herrn Weber zum Kommissionspräsidenten nicht geschmälert werden?

Herr Ministerpräsident, auch mit Blick auf Orbán: Wenn die Fidesz aus der EVP herausgehen würde, droht aus Ihrer Sicht insgesamt eine Spaltung zwischen Ost und West in der EU?

BK’in Merkel: Also im Verhältnis zur Fidesz-Partei geht es ja vor allen Dingen um die Frage: Welche Werte und welche Gemeinsamkeiten haben wir in der Europäischen Volkspartei? - Volksparteien zeichnen sich immer dadurch aus, dass sie verschiedene Strömungen haben. Aber es gibt auch Begrenzungen der Wertebasis.

Manfred Weber hat aus seiner Sicht drei Punkte genannt. Über die wird er morgen auch mit Viktor Orbán sprechen und daraus die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Am 20. März wird das entsprechende Gremium der EVP zusammentreten, kurz vor dem Europäischen Rat, und dann seine Beschlussfassung treffen.

MP Kariņš: Wenn Sie mich fragen, ob es eine Spaltung zwischen Ost und West gibt: Ich sehe das nicht. Vor 28 Jahren gab es schon einen großen Unterschied. Aber heutzutage kommen die verschiedenen Meinungen aus sehr vielen Richtungen, die nicht viel oder gar nicht mit Ost oder West zu tun haben, sondern bei denen es eher darum geht, ob Märkte mehr offen oder mehr geschlossen sind. Aber diese Spaltung spüren wir in Lettland seit Langem nicht mehr.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, ich hätte Sie ganz gern zu dem Europakonzept der CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer gefragt. Es gibt ja doch einige Widersprüche zu dem, was Sie zum Beispiel im deutsch-französischen Freundschaftsvertrag unterschrieben haben, also das Ziel eines deutschen ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat. Die CDU-Chefin hat sich jetzt für einen europäischen Sitz ausgesprochen. Also wer spricht für Deutschland – Sie als Bundeskanzlerin oder die CDU-Chefin? Was sagen Sie zu diesen Differenzen?

Dann gibt es noch einen interessanten Vorschlag eines europäischen Flugzeugträgers, den die CDU-Chefin vorgeschlagen hat. Stehen Sie – die Frage richtet sich auch an den Ministerpräsidenten – dahinter? Ist das notwendig für die europäische Verteidigungspolitik?

BK’in Merkel: Also ich finde es sehr gut, dass jetzt in dem aufkommenden Europawahlkampf die Vorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, die Position der CDU für diesen Wahlkampf noch einmal markiert hat. Wir werden dann ja auch die Verabschiedung der Wahlprogramme oder des Wahlprogramms am 25. März in den Sitzungen von CDU und CSU haben. Aber dass die CDU einfach einmal deutlich macht, wo sie die Reise hingehen sieht, das finde ich richtig.

Zweitens. Dass Frankreich sehr skeptisch darüber ist, einen europäischen Sitz in den Vereinten Nationen zu haben, das ist bekannt. Wir haben seit vielen Jahren die Regierungsposition, dass wir einen eigenen Sitz wollen. Man kann aber genauso gut sagen – das ist ja auch das, was das Gemeinsame ist -, dass die europäischen Stimmen im UN-Sicherheitsrat gebündelt und deshalb in einen europäischen Sitz umgewandelt werden müssen.

Ich sehe da keine großen Differenzen, sondern ich glaube, das ist ein sehr gutes Konzept für die Zukunft. Es entspricht genau dem, was wir auch im Regierungshandeln versuchen umzusetzen. Die Regierung ist notwendigerweise auch eine Koalition. Deshalb haben wir uns ja zum Beispiel im Koalitionsvertrag zu den Mindestlöhnen auch dergestalt geäußert, dass wir gesagt haben: Wir wollen einen Rahmen für europäische Mindestlöhne schaffen. Das heißt nicht, dass Europa die Mindestlöhne festlegt.

Hier gibt es natürlich auf der einen Seite Koalitionsfestlegungen in der jetzigen Koalitionsvereinbarung. Auf der anderen Seite gibt es Idealpositionen der Parteien. Aber ich empfinde das als eine gute Standortbestimmung für die jetzt auf uns zukommende Europawahl.

Flugzeugträger finde ich gut. Aber wir haben ja erst einmal noch andere Dinge prioritär zu machen. Dass wir auch von europäischer Seite über eine solche Ausrüstung verfügen, das finde ich richtig und gut. Ich bin gern bereit, daran mitzuarbeiten.

MP Kariņš: Was war die Frage an mich? Oder war es keine?

Zusatzfrage: Das war eigentlich dieselbe Frage. Ich wollte wissen, ob Sie finden, dass Europa einen gemeinsamen Flugzeugträger braucht.

Vielleicht können Sie dann, wenn ich das anschließen darf, generell die europapolitischen Vorstellungen von Frau Kramp-Karrenbauer kommentieren. Ist das, aus Sicht der lettischen Regierung sinnvoll oder eher kritisch zu sehen?

MP Kariņš: Es ist zu überlegen. Ich habe es auch erst gerade gelesen. Also ich kommentiere das zurzeit nicht.

BK’in Merkel: Da wir heute keine lettischen Journalisten bei uns haben, haben wir unser Fragenkontingent schon ausgeschöpft.

Die Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel und dem Ministerpräsidenten der Republik Lettland, Krišjānis Kariņš können sie hier im youtu.be nochmals live ansehen.

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