Ein Deutscher in Lettland

Löcher in Lettland = Schlaglöcher / Ein Deutscher in Lettland Teil 5 von ?

Lettlands Straßen sind teilweise übersät von Schlaglöchern!

L-infos/fr - So richtig erklären kann einem das keiner: In den vergangenen Jahren hatte Lettland Glück, es gab keinen "richtigen" Winter. Natürlich lagen die Temperaturen schon mal bei minus 12 Grad, der Schnee ist auch in diesen Jahren zu großen – inzwischen geschrumpften - Schneewällen am Straßenrand zusammengeschoben worden, aber so einen richtigen lettischen Winter, von denen hier die Alten immer noch erzählen, also 20 Grad minus und mehr, Eisberge usw., nein, den gab es in Kurland schon lange nicht mehr! Warum gibt es dann aber so unheimlich viele und tiefe Schlaglöcher in Lettlands Straßen?

Wenn man einmal der Schulweisheit folgt, dann entsteht vor einem Schlagloch am Anfang ein kleiner Riss in der Asphaltdecke. Wenn dort Wasser hineinläuft und es anschließend friert, dehnt sich das Eis immer weiter aus. Dabei entstehen große Kräfte und der Straßenbelag springt auf, es bilden sich Löcher, die, wenn sie nicht soft zugemacht werden, immer größer werden. Also lautet die Frage nicht, warum, es so viele Schlaglöcher in Lettlands Straßen gibt, sondern warum sich so viele Risse bilden können?

In Lettland ist noch lange kein Frühling in Sicht, aber viele Straßenbaumeistereien in Kurland haben schon einmal damit angefangen, die dicksten Löcher - auch im noch gefrorenen Boden - zu stopfen, zu verfüllen. Wahrscheinlich werden Die Männer in den nächsten Tagen wieder ausrücken, nicht nur, um neue Schlaglöcher zu verfüllen, sondern um die eben gerade ausgebesserten und dann wieder aufgebrochenen, erneut zu schließen (rechts).

Schlaglöcher - man nennt sie in der Fachsprache "Ausbrüche", was vielleicht auf die Wutausbrüchen derjenigen Autofahrer zurück zu führen ist, die mit ihrem PKW in ein solches knallten - sind eigentlich hoch interessant. Es gibt sie nicht von der Stange - jedes ist in sich ein individuelles Gebilde, vielleicht, man wäre fast versucht, könnte man ein Schlagloch in seiner Einzigartigkeit auch als "Kunst" bezeichnen? Es gibt lange, runde, tiefe, flache, in sich verzackte, oder auch welche mit glatten Kanten – sind sie nicht einfach nur schön?

Sei es drum, die Beseitigung eines Schlagloches muss auch individuell vorgenommen werden und ist, abhängig von der Größe, ihrer Form usw., teuer. Die Stadt Wien gibt im Jahr runde 30 Millionen Euro für die Beseitigung der Wiener Schlaglöcher aus. Das ist natürlich auch wieder vom jeweiligen Winter und den damit verbundenen Temperaturschwankungen abhängig, aber schon einmal eine "Hausnummer"!

Wenn man aber bis dato glaubte, dass man den Grund für die Unzahl der lettischen Schlaglöcher in den schlechten Straßenbauarbeiten suchen müsste, sieht am Wiener Schlaglochdilemma, dass das nun nicht der Fall seien kann. Keiner wird doch wohl behaupten wollen, dass die Österreicher schlechte Straßen bauen, oder ...?

Auch die Tatsache, dass die Schlaglöcher eigentlich durch die Temperaturschwankungen zwischen dem Frost und dem Tauen, stark begünstigt werden, kann in Lettland eigentlich auch nicht so richtig greifen. Da in Latvia, auch in "milden" Wintern, die Temperatur immer nur, wenn überhaupt, kurzfristig die Plusgrade erreicht, fällt dieses Argument eigentlich aus. Auch das ach so gerne zitierte Salz als den Schuldigen auszumachen, dürfte schwer fallen. Sicher ist das Salz ein Grund mit, aber eben nur ein Grund! Eine tiefgefrorene Landstraße wird bei einer kurzfristigen Tagestemperatur in Lettland von Plus ein, oder vielleicht zwei Grad, kaum auftauen, das Wasser somit nicht arbeiten usw. Aber woher kommen die Schlaglöcher dann?

Kenner der lettischen Schlaglochlage meinen ja, man müsse die Wurzel des Problems nicht in den Schlaglöchern an sich, sondern in deren Vorgeschichte, in der Entstehung, also in den kleinen Rissen in der Straße, suchen.
Somit stellt sich dann die Frage, wie die vielen Risse in die sommerliche, oder herbstliche, Straßendecke gelangen?

Wir drehen uns im Kreise und kommen zu keinem wissenschaftlich fundierten und haltbarem Ergebnis. Vielleicht liegt es einfach an der Decke, der Asphaltdecke auf der Straße, die vielleicht zu dünn und zu klein berechnet und dann aufgetragen wurde? Die eigene Erfahrung lehrt uns ja, dass, wenn wir abends im Bett liegen und die Decke zu klein, zu dünn usw. ist, wir schlecht schlafen und Probleme bekommen.

Vielleicht sollte man in Lettland mal in dieser Richtung weiterdenken!

Der Engländer, welcher Landsmann käme sonst auch schon auf eine solche Idee, also der englische Künstler Steve Wheen pflanzt in London Bäume und Blumen in die Schlaglöcher. Ob das nun besonders sinnig ist, will ich hier nicht erörtern, aber für Lettland wäre das keine geeignete Maßnahme: Man würde dann vor lauter Blumen-Wald die Straße nicht mehr sehen.

Wahrscheinlich wird in diesem lettischen Winter und Frühling also alles wieder beim alten bleiben und mir bleibt nichts anderes übrig, als den Buchtitel von Rike Michaelsen zu zitieren, der da lautet: "Alles ruhig, ab und zu ein Schlagloch"!

Hier beginnt "Ein Deutscher in Lettland"

 

L-infos/fr - Die aktuellste Folge von "Ein Deutscher in Lettland" steht immer ganz oben. Ab hier beginnt der chorologische Ablauf der Geschichten.

Ein Deutscher in Lettland: Teil 1 von ? - Wie alles begann!

L-infos – Eigentlich ist es schon längst nichts mehr besonders, wenn man als Deutscher seine Koffer packt und auswandert! 2016 sind 281.411 deutsche Bürger aus Deutschland fortgezogen – ich auch!

Auswanderer haben viele Gründe Deutschland zu verlassen, oft sind es wirtschaftliche, weil man woanders bessere persönliche Entwicklungsmöglichkeiten vermutet, weil einem das andere Land und die andere Gesellschaft besser gefällt, oder familiäre, private Gründe – wie bei mir, bei mir waren sie weiblich, die Gründe!

Zu den Top-30 Zielländern der deutschen Auswanderer gehören Neuseeland, Thailand, aber auch Österreich, die USA und die Top 1, die Schweiz. Aber auch Mexiko, Ungarn, Rumänien und der Irak – da wanderten 2016 immerhin noch 799 Deutsche hin, in den Irak – nach Lettland (ich bin da) wollten nicht so viele!

Im Jahre 2016 gingen ganz offiziell – also wanderten aus – 89 Deutsche nach Lettland und im selben Jahr kamen 85 Deutsche wieder aus Lettland nach Deutschland zurück! Es blieben also, nicht nur nach der Mengenlehre, 4 Deutsche in Lettland! Das mag ja ein Zufall gewesen sein, mit den mal gerade vier Deutschen in 2016, aber sieht man sich einmal einen 10jährigen Zyklus an – von 2005 bis 2014 – ergibt sich folgendes Bild: 846 Deutsche wanderten in diesem Zeitraum nach Lettland aus (immer ganz offiziell) und 858 Deutsche zogen im gleichen Zeitraum nach Deutschland wieder zurück. Nach der alten Mengenlehre sind jetzt 12 Minusdeutsche in Lettland! – Ich bin geblieben!

Na, ja, das mit den 12 "Minusdeutschen" gilt ja für mich nicht, ich bin ja erst 2016 nach Lettland eingewandert und gehöre somit zu den vier Deutschen, die statistisch und mathematisch 2016 in Lettland geblieben sind - Ich bin aber immer noch real in Latvia vorhanden!

Dass ich – wie immer man dies nun rechnen möchte – als Deutscher zu einer Minderheit gehöre, versteht sich von selber. Als Deutscher bin ich aber nicht alleine: Der letzten Volkszählung im Jahr 2012 zufolge lebten damals in Lettland 2 217 053 Einwohner. Davon waren nach Angaben der lettischen Migrationsbehörde 4630 Deutsche. Das mit den "2 Millionen plus" lettischen Einwohnern wird schon längst nicht mehr stimmen, da trifft man freitags bald schon mehr Letten in Münster/Deutschland auf dem Marktplatz, als um 12 Uhr mittags im Einkaufscenter von Talsi – welches mitten in Kurland/Lettland liegt - Mich trifft man da öfters, im Center!

Langer Rede, kurzer Sinn! Natürlich sollte man sich als Deutscher im Ausland keine unaufgeforderten (und schon gar keine schlauen) Ratschläge geben und erst recht keine Kritik über Dinge äußern, die typisch lettisch sind, wie etwa „geräucherte Hühner ….“ und ähnlichem und erst recht nicht dann, wenn man sich, wie wir hier, in der Unterzahl befindet. Dennoch, über das eine oder andere, auch über die Dinge, die so furchtbar typisch deutsch im lettischen Leben sind, wird man ja mal was sagen dürfen – vielleicht sogar müssen? Schauen sie doch die nächsten Tage mal wieder vorbei, wenn es wieder heißt: Ein Deutscher in Lettland!

Ein Deutscher in Lettland: Teil 2 von ? - Lettische Leidenschaften

L-infos/fr - Komme gerade aus dem Wald – was nicht mit dem deutschen: „Ich glaube, ich stehe im Wald!“ zu verwechseln ist. Lettland hat eine Gesamtfläche von 64.589 km² (Deutschland ist gut 5 Mal so groß) und auf 46 Prozent der lettischen Landfläche wächst Wald, oder so etwas, was man eben landläufig als solchen bezeichnet! In Lettland ist man irgendwie immer im Wald, oder gleich wieder drin! So ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass selbst die Letten manchmal nicht den Wald vor lauter Bäumen sehen – das ist aber wieder eine völlig andere Geschichte.

Zurück zum Wald: Für Pilzkenner – und welcher Lette ist das nicht – war 2018 ein sehr gutes Pilzjahr. Die Letten, die der deutschen Sprache mächtig sind, aber nicht nur die, amüsieren sich zu Zeit mächtig über eine deutsche Pressemeldung, nämlich dass derjenige, der in Deutschland mehr als 1 (ein) Kilo Pilze am Tag sammelt, mit saftigen Geldbußen rechnen muss. Bis zu 5.000 Euro können – wenn man erwischt wird – in Vācija (Deutschland) fällig werden. Also kein Wunder, dass Letten in Deutschland gewarnt wurden, hemmungslos Pilze zu sammeln. Der deutsche „Amts“Michel macht zwischen deutschen und osteuropäischen Pilzsammlern keinen Unterschied!

Letten können viel ertragen - wenn man ihnen aber das Recht zum Sammeln von Pilzen einschränken würde, gäbe es wahrscheinlich eine Revolution!

In Osteuropa – besonders sei hier Lettland hervorgehoben – ist das Sammeln von Pilze nämlich eine Art Volkssport und gleichzeitig auch eine willkommene Einkommensquelle. So bieten an den großen Durchgangsstraßen Kurlands die Pilzsammler der Region den durchfahrenden Einwohnern (hauptsächlich denen aus Riga, aber auch den weniger „bückfreudigen“ Mitmenschen aus der Region) – frisch gesammelte Pilze aus den umliegenden Wälder – auch in größeren Mengen - an. Die Verkäufer bessern so ihre meist kleine Rente auf, bzw. ist dies ein regelmäßig wiederkehrender jährlicher Bestandteil des Familieneinkommens.

Kein Lette käme je auf die Idee, seine gesammelten Pilze abzuwiegen, um eine „Sammel-Höchstmenge“ nicht zu überschreiten, geschweige, mit dem Sammeln der Pilze aufzuhören, wenn er sich gerade mitten in einer „Pilzader“ befindet. Die Letten sammeln Pilze, zum Verkauf, wie aber auch, weitaus mehr, zum Eigenverzehr. Mit einem Kilo Pilze kommt kein Lette – der vier, fünf und mehr pilzhungrige Mäuler füttern muss – nach Hause. Da würde es sich ja gar nicht erst lohnen, in den Wald zu gehen.

In wenigen Tagen wählen die Letten ein neues Parlament und es wäre für jede politische Partei der glatte Suizid, wollte man den Letten ihr Recht auf das Sammeln von Pilzen streitig machen, es sogar einschränken! Das gilt auch für die verschiedensten Beerensorten, die der baltische Wald seinen Letten jährlich als Medizin, für Marmelade und Nachspeise, oder für sonst was, bereithält.

Verhältnisse, wie zum Beispiel in den Niederlanden, wären in Latvia undenkbar! In den Niederlanden ist es generell jedermann verboten, Pilze, Nüsse oder Beeren zu sammeln. Selbst das Pflücken einer Brombeere – mal überspitzt, aber so ist es - ist im Land, wo der Gouda, Leerdammer und Edamer „wächst“ - rechtlich strikt untersagt.

Die Auswahl an lettischen Pilzen ist mindestens so groß, wie die Anzahl der Rezepte, um diese schmackhaft zuzubereiten.

Einiges muss man natürlich bedenken, wenn man über das Sammeln von Pilze und Beeren in Europa fachsimpelt: Anscheinend wissen die Letten seit Jahrhunderten, wie man es richtig macht! Sie pflegen nicht nur ihren Wald, sondern auch alles das, was zum Wald dazugehört. Und außerdem: Bei knapp zwei Millionen Letten (viele davon sind sowieso „auf Arbeit“ im Ausland) und davon 640.000 mit einem Wohnsitz in Riga, bleiben statistisch zwar 30 Letten pro km², aber real bedeutet dies vielleicht höchstens einen Letten pro Quadratkilometer Wald – wenn überhaupt so viel! Auf die gesamte "Pilzfläche" Lettlands gerechnet, gibt es nicht sehr viele Pilzsammler im Baltenstaat.

Da walzen keine Horden von „Sonntagsspaziergängern“ durch die lettischen Wälder und pflügen das Unterholz und reißen alles aus dem Waldboden heraus, was auch nur annähernd pilzähnlich aussieht – und auch noch das, wenn nicht!

Der Lette hat es gelernt, mit seiner Natur pfleglich umzugehen, sich von ihr zu nehmen, was er braucht – und nicht mehr! Vielleicht waren das – nach unseren früheren mitteleuropäischen Vorstellungen und Vorurteilen - die „Hinterwäldler“, die Menschen, die auf den "Bäumen lebten". Heute sind die Letten aber wohl eher die naturverbundenen und nachhaltig denkenden Menschen, die wissen, dass sie nur diese eine Natur haben.

Anmerkung: Die lettischen Pilzgerichte sind Spitze. Da bedarf es keines Steaks, um gut – und mit einem guten Gewissen - zu essen!

Ein Deutscher in Lettland: Teil 3 von ? - Lettische Verhältnisse?

L-infos/fr - Als Gast in einem Land, auch wenn man dort richtig heimisch werden will, sollte man sich eigentlich, zumindest anfangs, aus dessen Innenpolitik heraushalten. Erst recht dann, wenn man nur sehr mäßig der Landessprache mächtig und somit auf die diversen Übersetzungsprogramme im Internet angewiesen ist, die alle eins gemeinsam haben: Sie übersetzen flächendeckend echten und nicht gebrauchsfähigen „Bullshit“, was nun wieder englisch ist!

Aber kommen wir zum heutigen Problem, was einen Deutschen in Lettland umtreibt: Die Letten wählen am 6. Oktober ein neues Parlament – und man kann, als völlig unbeteiligter „Einwanderer“, nur staunen.

Sehr viele Letten wissen bis heute noch nicht, was sie wählen wollen und wenn man den letzten Umfragen Glauben schenken will, dann wird die stärkste Fraktion im neugewählten Parlament von Riga, von den Nichtwählern gestellt. Das nennt man dann wohl „Demokratieverweigerung“!

Das kann doch irgendwie nicht wahr sein: 1991, als Lettland am 21. August seine Unabhängigkeit wiedererlangte, feierten die Letten die – Nein – sie feierten IHRE Demokratie! Hat heute, nur 27 Jahre später, eine große Mehrheit der Letten die „Nase schon wieder voll davon“?

Aus fast allen (Wahl)Gesprächen, die man in den vergangenen Tagen mit Letten führen konnte, hörte man eine, mehr oder weniger, totale Unzufriedenheit mit der derzeitigen politischen Klasse heraus. Die Bürger trauen den von ihnen gewählten Politikern nicht mehr über den Weg. Vetternwirtschaft und Korruption scheinen nach Auffassung vieler Wähler heute das vordringlichste Geschäft zu sein. Knapp 30 Jahre nach der Wiedererlangung der staatlichen Freiheit Lettlands, hat sich allem Anschein eine neue gesellschaftliche Schicht – die politische Klasse – herausgebildet, die – so scheint es zumindest – völlig abgehoben vom Souverän, dem Wähler und Bürger, (die da oben und wir da unten) ein Eigenleben führt.

Die Letten reagieren sehr sensibel auf die Situation im eigenen Land und stimmen mit den Füssen ab! Einerseits gehen viele Wahlberechtigte wohl erst gar nicht zur Wahl und andererseits verlassen viele junge Letten, oft mit ihren Familien, auf die letzten Jahre bezogen – scharenweise – das Land, um in den Nachbarländern Arbeit und eine Zukunft zu finden.

Die Politik, die Politiker Lettlands, haben darauf bis heute keine Antwort gefunden, höchstens die Maßnahmen, nämlich die Bürokratie zu steigern und zu verfeinern und die Steuern zu erhöhen. In ein Land, das seine Wirtschaft nicht in den Griff bekommt (bis zu einem Viertel der Wirtschaftskraft wird angeblich in Schwarzarbeit erwirtschaftet), in der Gerüchte über Korruption zur Tagesordnung gehören und keinen stören, andererseits die kleinsten Lotteriegewinne der Bürger hoch besteuert werden, will kein Investor so recht größere Summen in die Zukunft und in eine (schwarze Schatten) )Wirtschaft investieren! Wobei das sowieso immer schwieriger wird, da es tagtäglich schwer wird, gut ausgebildetes Fachpersonal zu finden. Diese haben sich bereits längst ins Ausland „abgesetzt“. Die Hoffnung, dass durch den Brexit viele „England-Letten“ in den Baltenstaat zurückkehren, dürfte angesichts des Facharbeitermangels in Deutschland, ebenfalls ein Traum bleiben.

Es scheint schlimm um Lettland zu stehen, eigentlich ist es nämlich egal, wer und welche Partei am 6. Oktober die Wahl gewinnt, bzw. wer nachher eine Koalition bildet, es wird sich nämlich nach der Auffassung vieler Wähler - und noch mehr (fast aller) Nichtwähler - sowieso nichts ändern.

In der Presse überschlagen sich die Vorhersagen über den möglichen Wahlausgang und die dazugehörigen Koalitionsmodelle. Was, wenn überhaupt, sich für die 1,4 Millionen Wahlberechtigten und die sonstigen Menschen in Lettland, besonders für die Jugend, ändern wird, bleibt abzuwarten. Aber es ist vielleicht tatsächlich nicht ganz so wichtig, was in den nächsten Jahren politisch in Riga passiert, vielmehr wird es in den nächsten Jahren in Lettland darauf ankommen, das demokratische Bewusstsein der Bevölkerung in Lettland  für ihren Staat und somit auch für „Lettland als Nation“ wieder neu zu beleben und zu stärken, bevor Lettland das "Altenheim" Europas wird.

Ein Deutscher in Lettland: Teil 4 von ? - Ein Loblied auf die Stricksocke (Kopie)

Warme, handgestrickte Wollsocken sind dieser Tage in Lettland unersetzlich!

L-infos/fr - Bei den Letten gibt es nicht alles zu kaufen - zumindest aus deutscher Sicht. Es fehlt die Currywurst, der Kartoffelsalat und so manche gewohnten westdeutschen Utensilien, die mal als Deutscher zu brauchen glaubt!

Ob man diese Dinge am Ende des Tages tatsächlich benötigt, sei einmal dahingestellt.

Jetzt, wo das Thermometer sich stündlich nach unten bewegt, die Quecksilbersäule den Gefrierpunkt schon vor Tagen in ihrer unaufhaltsamen Abwärtsbewegung passierte und bereits um 17.00 Uhr bedenklich nah die Minus 10 Gradkerbe anpeilt, da braucht man keine Currywurst, sondern "Mutters" handgestrickten Wollsocken!

Wahrscheinlich sind sie, die Wollsocken, in anderen osteuropäischen und nördlichen Ländern, genauso begehrt, wie in Lettland, aber ich finde, hier und heute, sind sie an meinen Füßen einfach unersetzlich.

Als Mitteleuropäer und gewöhnter Zentralheizungsbenutzer kommen einem die mächtig dicke Wollsocken, wie Gegenstände aus einer anderen Welt, vielleicht aus der der Eskimos, vor, aber spätestens ab minus 5 Grad spielen derartige Vorurteile keine Rolle mehr! Sie werden gebraucht und jederzeit gerne benutzt!

Ein doppeltes hoch auf die Erfinder der Wollsocken!

Insidertipp: Ob man die richtigen Wollsocken besitzt, kann auch der anfängliche Laie sehr schnell an verschiedenen Merkmalen erkennen: Erst einmal müssen die Socken natürlich von einem Familienmitglied (Ehefrau, Oma oder so bieten sich hier an) gestrickt worden sein, zumindest von guten Freunden(in)! Nur so ist sichergestellt, dass der entscheidende Strickvorgang mit Liebe, zumindest Zuneigung, erledigt wurde. Das merkt man später an der inneren Wärme, die die Socken ausstrahlen.

Ferner müssen die Socken richtig dick sein, es muss also richtig dicke Wolle verarbeitet worden sein, die aber wiederum sehr engmaschig, also ohne Luftlöcher, da dadurch, also durch die Lochmaschen, sonst später die kalte Luft zieht und die kleinen Zehen verkühlt (leicht rot anlaufen)!

Wichtig ist auch, dass die Socke - samt den dazugehörigen rechten und linken Fuß - trotz ihrer dicken Wolle, in die Hausschuhe, wie auch in die Winterstiefel, passen. Es macht keinen Sinn, die Socken ständig auszuziehen, sie müssen wie eine zweite Haut am Fuß "kleben", ohne natürlich zu riechen!

Ein gewisser ganz persönlicher Eigengeruch ist jeder Socke natürlich zu Eigen, er sollte aber nach Schaf, zumindest in eine so ähnliche Richtung, tendieren. Sollten die Socken eher die Geruchsrichtung Camembert oder alter Chester aufweisen, den die Socken öfters im April/Mai annehmen, lässt dies auf den nahenden Frühling schließen und somit auf das Ende der jährlichen Woll-Socken-Saison! Die wird dann durch die jährliche Woll-Socken-Wasch- und Pflegesaison abgelöst.

Aber bevor es soweit ist, also bis Mai, werden die Socken fest an den untersten Körperteilen, den Füßen, getragen. Dies trifft natürlich auch nachts zu. Sie können sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wie viele warme "Wollsockenfüße" nachts unter lettischen Bettdecken schlummern!

Mal ganz ehrlich, da pfeifen sie auf Currywurst und Kartoffelsalat; wenn draußen der Wind die Schneeflocken bei minus 10 Grad um die Hausecke jagt, dann gibt es nichts besseres auf dieser Welt, als dicke Wollsocken und ...!

Löcher in Lettland = Schlaglöcher / Ein Deutscher in Lettland Teil 5 von ? (Kopie)

Lettlands Straßen sind teilweise übersät von Schlaglöchern!

L-infos/fr - So richtig erklären kann einem das keiner: In den vergangenen Jahren hatte Lettland Glück, es gab keinen "richtigen" Winter. Natürlich lagen die Temperaturen schon mal bei minus 12 Grad, der Schnee ist auch in diesen Jahren zu großen – inzwischen geschrumpften - Schneewällen am Straßenrand zusammengeschoben worden, aber so einen richtigen lettischen Winter, von denen hier die Alten immer noch erzählen, also 20 Grad minus und mehr, Eisberge usw., nein, den gab es in Kurland schon lange nicht mehr! Warum gibt es dann aber so unheimlich viele und tiefe Schlaglöcher in Lettlands Straßen?

Wenn man einmal der Schulweisheit folgt, dann entsteht vor einem Schlagloch am Anfang ein kleiner Riss in der Asphaltdecke. Wenn dort Wasser hineinläuft und es anschließend friert, dehnt sich das Eis immer weiter aus. Dabei entstehen große Kräfte und der Straßenbelag springt auf, es bilden sich Löcher, die, wenn sie nicht soft zugemacht werden, immer größer werden. Also lautet die Frage nicht, warum, es so viele Schlaglöcher in Lettlands Straßen gibt, sondern warum sich so viele Risse bilden können?

In Lettland ist noch lange kein Frühling in Sicht, aber viele Straßenbaumeistereien in Kurland haben schon einmal damit angefangen, die dicksten Löcher - auch im noch gefrorenen Boden - zu stopfen, zu verfüllen. Wahrscheinlich werden Die Männer in den nächsten Tagen wieder ausrücken, nicht nur, um neue Schlaglöcher zu verfüllen, sondern um die eben gerade ausgebesserten und dann wieder aufgebrochenen, erneut zu schließen (rechts).

Schlaglöcher - man nennt sie in der Fachsprache "Ausbrüche", was vielleicht auf die Wutausbrüchen derjenigen Autofahrer zurück zu führen ist, die mit ihrem PKW in ein solches knallten - sind eigentlich hoch interessant. Es gibt sie nicht von der Stange - jedes ist in sich ein individuelles Gebilde, vielleicht, man wäre fast versucht, könnte man ein Schlagloch in seiner Einzigartigkeit auch als "Kunst" bezeichnen? Es gibt lange, runde, tiefe, flache, in sich verzackte, oder auch welche mit glatten Kanten – sind sie nicht einfach nur schön?

Sei es drum, die Beseitigung eines Schlagloches muss auch individuell vorgenommen werden und ist, abhängig von der Größe, ihrer Form usw., teuer. Die Stadt Wien gibt im Jahr runde 30 Millionen Euro für die Beseitigung der Wiener Schlaglöcher aus. Das ist natürlich auch wieder vom jeweiligen Winter und den damit verbundenen Temperaturschwankungen abhängig, aber schon einmal eine "Hausnummer"!

Wenn man aber bis dato glaubte, dass man den Grund für die Unzahl der lettischen Schlaglöcher in den schlechten Straßenbauarbeiten suchen müsste, sieht am Wiener Schlaglochdilemma, dass das nun nicht der Fall seien kann. Keiner wird doch wohl behaupten wollen, dass die Österreicher schlechte Straßen bauen, oder ...?

Auch die Tatsache, dass die Schlaglöcher eigentlich durch die Temperaturschwankungen zwischen dem Frost und dem Tauen, stark begünstigt werden, kann in Lettland eigentlich auch nicht so richtig greifen. Da in Latvia, auch in "milden" Wintern, die Temperatur immer nur, wenn überhaupt, kurzfristig die Plusgrade erreicht, fällt dieses Argument eigentlich aus. Auch das ach so gerne zitierte Salz als den Schuldigen auszumachen, dürfte schwer fallen. Sicher ist das Salz ein Grund mit, aber eben nur ein Grund! Eine tiefgefrorene Landstraße wird bei einer kurzfristigen Tagestemperatur in Lettland von Plus ein, oder vielleicht zwei Grad, kaum auftauen, das Wasser somit nicht arbeiten usw. Aber woher kommen die Schlaglöcher dann?

Kenner der lettischen Schlaglochlage meinen ja, man müsse die Wurzel des Problems nicht in den Schlaglöchern an sich, sondern in deren Vorgeschichte, in der Entstehung, also in den kleinen Rissen in der Straße, suchen.
Somit stellt sich dann die Frage, wie die vielen Risse in die sommerliche, oder herbstliche, Straßendecke gelangen?

Wir drehen uns im Kreise und kommen zu keinem wissenschaftlich fundierten und haltbarem Ergebnis. Vielleicht liegt es einfach an der Decke, der Asphaltdecke auf der Straße, die vielleicht zu dünn und zu klein berechnet und dann aufgetragen wurde? Die eigene Erfahrung lehrt uns ja, dass, wenn wir abends im Bett liegen und die Decke zu klein, zu dünn usw. ist, wir schlecht schlafen und Probleme bekommen.

Vielleicht sollte man in Lettland mal in dieser Richtung weiterdenken!

Der Engländer, welcher Landsmann käme sonst auch schon auf eine solche Idee, also der englische Künstler Steve Wheen pflanzt in London Bäume und Blumen in die Schlaglöcher. Ob das nun besonders sinnig ist, will ich hier nicht erörtern, aber für Lettland wäre das keine geeignete Maßnahme: Man würde dann vor lauter Blumen-Wald die Straße nicht mehr sehen.

Wahrscheinlich wird in diesem lettischen Winter und Frühling also alles wieder beim alten bleiben und mir bleibt nichts anderes übrig, als den Buchtitel von Rike Michaelsen zu zitieren, der da lautet: "Alles ruhig, ab und zu ein Schlagloch"!

Zurück